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MedienmitteilungVeröffentlicht am 29. April 2025

Statistik zur Fernmeldeüberwachung: Mehr Überwachungsmassnahmen

Bern, 29.04.2025 — Im Jahr 2024 haben die Schweizer Strafverfolgungsbehörden und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mehr als doppelt so viele Überwachungsmassnahmen beim Dienst ÜPF angeordnet. Insbesondere der Anstieg des Antennensuchlaufs lässt die Zahlen stark steigen.

Der starke Anstieg an Überwachungsmassnahmen ist vor allem auf die deutliche Zunahme der Antennensuchläufe zurückzuführen. Seit Jahren ist erstmals bei den Antennensuchläufen eine Verdoppelung der Anzahl Fälle gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.

Auch die Echtzeitüberwachungsmassnahmen sind mit 1818 um etwa 45 Prozent gestiegen (2023: 1244). Die Anzahl der rückwirkenden Überwachungen liegt mit 6149 etwa einen Viertel über dem Vorjahr (2023: 4957). Die Notsuchen sind mit 1223 um einen Fünftel gestiegen (2023: 1022). Einzig die Anzahl der Fahndungen ist mit 35 leicht unter dem letztjährigen Niveau (2023: 37).

Zunahme auch bei Auskünften

Eine Zunahme ist auch bei den Auskünften zu verzeichnen. Im Jahr 2024 erteilte der Dienst ÜPF etwa 20 Prozent mehr Auskünfte (einfache und komplexe). Es wurden 32 225 komplexe Auskünfte (z.B. Ausweiskopien oder Vertragsdaten) geliefert, was einem Anstieg von 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dabei wurden 19 357 komplexe Auskünfte angefragt (gegenüber 10 285 im Vorjahr). Die Differenz erklärt sich dadurch, dass pro Anfrage mehrere Auskünfte erteilt werden können. Es wurden 385 630 einfache Auskünfte (Telefonbuch- oder IP-Adressen-Abfragen) angefragt (2023: 332 994) und 495 119 einfache Auskünfte erteilt (2023: 419 192).

Zunahme der Massnahmen in Zusammenhang mit Vermögensdelikten und strafbaren Handlungen gegen Leib & Leben

Im Jahr 2024 betrafen 43 Prozent aller Überwachungsmassnahmen (Echtzeit- und rückwirkende Überwachungen) Vermögensdelikte. Die Anzahl der Massnahmen in Zusammenhang mit Vermögensdelikten hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht. Auch die Anordnungen aufgrund strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben (19 Prozent der Massnahmen) haben sich etwas mehr als verdoppelt. 10 Prozent der Massnahmen wurden zur Ermittlung von schweren Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz durchgeführt. Auch hier ist ein Anstieg von über 15 Prozent zu verzeichnen. Etwa 6 Prozent der Anordnungen erfolgte für Notsuchen und fast 3 Prozent aufgrund von Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit. Die Massnahmen wegen Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Frieden (2 Prozent) haben sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Die übrigen Überwachungsmassnahmen teilen sich auf Fahndungen und diverse Deliktarten auf.

IMSI Catcher und GovWare

Im Jahr 2024 ist die Anzahl Einsätze mit besonderen Informatikprogrammen (GovWare) auf 12 (gegenüber 9 im Vorjahr) gestiegen. Die meisten davon wurden bei der Überwachung in Zusammenhang mit schweren Betäubungsmitteldelikten eingesetzt. Die Anzahl Einsätze der besonderen technischen Geräte (IMSI-Catcher) beläuft sich auf 171 (Vorjahr: 160). Diese Instrumente wurden grösstenteils bei Notsuchen nach vermissten Personen (67) und schweren Betäubungsmitteldelikten (53) eingesetzt.

Überwachungen des NDB

Der NDB ordnete im Jahr 2024 106 Überwachungen an und stellte 12 789 Auskunftsgesuche (15 241 erteilte Auskünfte). Im Jahr davor waren es 46 Überwachungen bzw. 11 498 Auskunftsgesuche (13 991 erteilte Auskünfte). Anzumerken ist, dass sich die Zählweise des NDB und des Dienstes ÜPF unterscheidet (siehe dazu Infobox).

Kostenbeteiligungen der Kantone und Entschädigungen

Den Strafverfolgungsbehörden der Kantone wurde für das Jahr 2024 ein pauschaler Kostenbeitrag von rund 24 Millionen Franken in Rechnung gestellt. Den Mitwirkungspflichtigen wurden Entschädigungen in der Höhe von rund 6,3 Millionen Franken vergütet. Der Gesamtaufwand des Dienstes ÜPF lag mit 46,7 Millionen Franken höher als im Vorjahr mit 36,1 Millionen Franken. Der Kostendeckungsgrad des Dienstes ÜPF ist von 39 Prozent im Vorjahr auf 54 Prozent gestiegen.

Infobox

Massnahmen zur Überwachung

Die Schweizer Strafverfolgungsbehörden können zur Aufklärung von schweren Straftaten gestützt auf die Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) Massnahmen anordnen zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. Dasselbe kann auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), gestützt auf das Nachrichtendienstgesetz (NDG; SR 121).

Jede Überwachungsanordnung einer Staatsanwaltschaft muss von der zuständigen richterlichen Genehmigungsbehörde (Zwangsmassnahmengericht) geprüft und genehmigt werden. Der NDB holt vor jeder Durchführung einer Massnahme die Genehmigung des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Freigabe durch den Vorsteher oder die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) ein. Vorab konsultiert diese bzw. dieser den Vorsteher oder die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und den Vorsteher oder die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD).

Der Dienst ÜPF nimmt zuletzt eine formelle Prüfung vor. Dabei prüft er, ob die anordnende Behörde tatsächlich zuständig ist und ob sich die Überwachungsanordnung auf eine strafbare Handlung gemäss Deliktkatalog (Art. 269 StPO) bezieht respektive ob im Falle des NDB eine genehmigte und freigegebene genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme laut Artikel 26 ff. NDG vorliegt. Der Dienst ÜPF weist die Mitwirkungspflichtigen (MWP) anschliessend an, ihm die fraglichen Daten zu übermitteln. Er stellt die Daten dann den auswertenden Strafverfolgungsbehörden oder dem NDB zur Verfügung. Vom Inhalt der Daten und den betreffenden Ermittlungen erhält der Dienst ÜPF keine Kenntnis.

Neue Gebührenverordnung

Bis am 31. Dezember 2023 bezahlten die Strafverfolgungsbehörden und der NDB für die Durchführung der Überwachungsmassnahmen Gebühren und die MWP wurden für ihre Tätigkeit entschädigt. Massgebend für die Höhe der Gebühren und Entschädigungen war bis Ende 2023 die Verordnung über die Gebühren und Entschädigungen für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (GebV-ÜPF; SR 780.115.1). Das bisherige Gebühren- und Entschädigungsmodell nach der GebV-ÜPF wurde am 1. Januar 2024 durch die Verordnung über die Finanzierung der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (FV-ÜPF; SR 780.115.1) abgelöst. Ab 2024 beteiligen sich die Kantone mit einer pauschalen Kostenbeteiligung pro Jahr und Kanton an den Kosten der Post- und Fernmeldeüberwachung. Die MWP werden für ihre Tätigkeit nach Massgabe der FV-ÜPF entschädigt.

Hinweis zur Zählweise

Grundsätzlich werden alle Massnahmen, die einen Überwachungsauftrag an eine MWP zur Folge haben, in der Statistik berücksichtigt. Eine Ausnahme bilden Aufträge an eine MWP aus technischen Gründen, etwa weil die MWP für die Ausführung einer Massnahme zwei Aufträge vom Dienst ÜPF benötigt. Diese technischen Aufträge werden nicht in die Statistik aufgenommen. Der Transparenz halber werden die Antennensuchläufe getrennt von den rückwirkenden Überwachungsmassnahmen in der Statistik geführt.

Es ist zu beachten, dass auf ein Delikt bzw. eine genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme, mehrere Überwachungsanordnungen entfallen können. So können zum Beispiel sowohl der Festnetzanschluss als auch mehrere Mobiltelefone einer mutmasslichen Täterschaft überwacht werden. Weiter wird häufig dieselbe Mobiltelefon-Nummer bei verschiedenen MWP zur Überwachung in Auftrag gegeben, um sämtliche Roaming-Fälle abdecken zu können. Die Anzahl der von Überwachungsmassnahmen direkt betroffenen Personen liegt demnach merklich tiefer, als die Anzahl der angeordneten Überwachungsmassnahmen.

Hinweis zur unterschiedlichen Zählweise NDB und Dienst ÜPF

Die Zählweise des NDB und des Dienstes ÜPF unterscheiden sich, weshalb die Zahlen nicht miteinander vergleichbar sind. Der Dienst ÜPF erfasst die Anzahl Überwachungsaufträge pro beauftragte MWP. Wird beispielsweise dieselbe Mobiltelefonnummer bei drei verschiedenen MWP zur Überwachung in Auftrag gegeben, weist der Dienst ÜPF in seiner Statistik drei Überwachungsaufträge aus. Der NDB hingegen weist in einem solchen Fall eine Massnahme aus. Eine genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme nach Artikel 26 ff. NDG kann dabei zu mehreren Überwachungsanordnungen führen, wenn z. B. die Überwachung derselben Mobiltelefon-Nummer bei verschiedenen MWP angeordnet wird.

Hinweis zur neuen Zählweise beim Antennensuchlauf

Bis Ende 2023 war für die Anzahl Antennensuchläufe die Anordnung je MWP pro Zelle und pro 2 Stunden relevant. Ab Inkrafttreten der FV-ÜPF am 1. Januar 2024 ist nur noch die Anordnung pro MWP und für jeden Zeitraum von bis zu 2 Stunden massgebend, unabhängig von der Anzahl Zellen.

Glossar

Echtzeitüberwachung

Eine Echtzeitüberwachung ist die simultane, leicht verzögerte oder periodische Übertragung der Post- oder Fernmeldeverkehrsdaten; z. B. Telefon- oder E-Mail-Überwachungen (Mithören von Telefonaten bzw. Mitlesen von E-Mails).

Rückwirkende Überwachung

Eine rückwirkende Überwachung beinhaltet die Daten, wer mit wem, wann, wie, wie lange und von wo aus Verbindung gehabt hat, für einen höchstens sechs Monate zurückliegenden Zeitraum.

Antennensuchlauf

Ein Antennensuchlauf umfasst die rückwirkende Überwachung aller an einem bestimmten Standort angefallenen Kommunikationen, Kommunikationsversuche und Netzzugänge, welche über bestimmte Mobilfunkzellen während eines bestimmten Zeitraumes stattgefunden haben.

Fahndung

Im Rahmen einer Fahndung können die Strafverfolgungsbehörden Personen aufspüren, gegen die in einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid eine Freiheitsstrafe verhängt oder eine freiheitsentziehende Massnahme angeordnet worden ist.

Notsuche

Ausserhalb von Strafverfahren können Massnahmen der Fernmeldeüberwachung angeordnet werden, um vermisste Personen wie verunfallte Wanderer oder vermisste Kinder zu finden und zu retten.

Einfache Auskunft

Einfache Auskünfte können Basisinformationen zu Teilnehmeranschlüssen (Telefonbuchabfragen) sein oder sie können den Behörden über Fragen wie «Welche Telefonnummern sind auf eine bestimmte Person registriert?» Auskunft geben.

Komplexe Auskunft

Komplexe Auskünfte (ehemals technisch-administrative Auskünfte) liefern weitergehende Informationen zu Fernmeldeanschlüssen wie Vertrags- oder Ausweiskopien.